Metamusic: Rap Revolution in Germany


"Ich bin nicht gut, nur negation des schlechten", kontrastiert Nepumuk gegen die andren Rapper im Lande die nach Retrogott's Meinung "alle hören sich gleich an, um es den Konsumenten zu erleichtern". Luk, Fil und Retrogott sind deutsche Künstler, welche sich offen aussprechen und dabei häufig ohne Blatt vor dem Mund. Sich dabei im fließend ironischen Ton, Bedeutungsschwer, ja oft Kryptisch aber vor allem pikant über aktuelle Themen und Berichte äußern. Gleichzeitig auf mehreren Ebenen, entdeckt man seine und die Welt der Künstler neu. Zeitlos wiegt man in der Musik Nepumuk's und während der dramatischen Kammerspielen Negromans wird einem der eigene Dyonisus bewusst. Es gibt noch viel über die Gegenwartskunst der beiden, die noch ungehört und ungesehen sind, zu sagen, allem voran möchte ich aber von einigen geläufigen Symbolen und Metaphern sprechen, die ich hier in diesem Post gerne entmythisieren würde. P.S Ich differenze in diesem Blogpost nur um Struktur und Festigkeit herzustellen, entschuldigt.
Kontra Industriekultur:
Doch was lehrt uns das ganze? Zuallererst das Musik eine Potente Kraft hat, diese sogar kollektive Auswirkungen besitzt. Durch die kulturelle Wirtschaft jedoch missbraucht, frist-und fachgerecht konventionell eingeängt wird. Nehmen wir nur mal das Beispiel eines Radiosenders, der Musik mit Werbung und Nachrichten kombiniert und somit die Freiheit der Kunst instrumentalisiert und ihr einen Wirtschaftszweig aufzwängt, Musiker die Merch verkaufen, Musiker die als Werbemittel für Einkaufsläden posieren, Musiker die Energydrinks verkaufen, Musiker die als Hobby Drogen verkaufen. Oder auch Spotify, das sich als schweres Unternehmen die Autorität verleiht, Richtlinien und Vorsätze, der Musik voran zu setzen, entscheiden dürfen, was sein und was nicht sein darf, werbefreien Musikgenuss verdinglichen, Musiker intstrumentalisieren.

Diesen Punkt greifen Luk&Fil auf, welche uns ein Lied davon singen (oh gott der war schlecht), dass es auch ganz anders geht, dass der Standard nicht universell und Originalität noch Bestand hat, dass wir uns die meisten Freiheiten selbst nehmen oder nehmen lassen. Die Bedeutungsschwere ist durch anfängliche Verständnisschwierigkeiten nicht leicht zu erkennen, bis man sich durch die Vielzahl an Aphorismen, Metaphern und Wortspielen, durch mehrmaliges anhören erarbeitet hat und sich erst dann die richtige Freude am zuhören so richtig entfalten kann. Die Texte sind geprägt von Seltsam (Negroman)- und Schamlosigkeit (Nepumuk). Eine gekonnte und tiefgreifende Ironie wie sie nicht jeder x-beliebige Zustande bringt, gegenüber den Regelstanzern und dazugehörigen Pappmenschen, welche die Regeln dann hoffnungsvoll anbeten. Über das positiv Gepredigte sinnt Luk folgendermaßen, "Professor will etwas schaffen dass so unabhängig von ihm wird, das es fragt ob es ihn gibt und zu zweifeln beginnt, um am Ende in klarer Logik zu begreifen das Gott tot ist".

Während in Fragen wie Gender, Ernährung und Sozialen neue Ideen zutage gebracht und schädlich Kommerzielles verdeutlicht wird, sehr gefällt mir:"Ich tanze erst genervt, verkrampfe dann verstört, lasse alle Stricke reißen und zerstampfe den Dompteur", was die Kraftlosigkeit unseres eigenen Bewusstseins verdeutlicht, der Normvorstellung frei leben und handeln zu können, entgegen geht. "Negroman, der Rost in dem Stöckelschuhe stecken bleiben, ich guck unter Menschenkleider, führe in den Untergrund". Negroman führt uns willentlich in geheime unbekannte Ecken, oder auch "Gedankengässchen", während Fil eher nach oben schaut, in das kosmische hinein. Während Fil Pherse kontra der Kulturindustrie propagiert, gehen von Luk feinsinnige doppelmoralische Wortspiele über die Komplexen Verhältnisse unseres inneren Wesens hervor, "meine Doppelmoral ist ein Gsetz, die Messer in meinem Rücken wurden von mir selbst gewetzt". Wobei Luk und akronyme sich manchmal auf die vorgebrachten Aussagen Fil's und akronyme stützt  und jene dann in einer neuen Ironie darstellt, was der Harmonie untereinander einen gewissen Zauber verleit der potentiell zu dem Bruch der beiden stattgefunden hat (denn die Künstler machen keine Musik mehr im Duo), geführt haben könnte doch ich mutmase hier.

Für die kommerzialisierte Kunst, deren eigentlicher Sinn als Träger der Botschaft, oder Mittel zur Heilung, abhanden gekommen ist, wobei mir eine weitere Line einfällt: "Ich bin Wundsalbe und Handcreme auf das geschundene Privileg, lang lebe Liquidität", uns also stattdessen Brot und Spiele für und von der Gesellschaft als Genuss und Beruhigungsmittel vorgehalten wird, eine sehr schöne Line dafür, "Brot und Spiele sind für jedermann befindlich, benutzerfreundlich und futternapfbefindlich", sollheißen alles muss Mastabs und-Fachgerecht sein, sowie alles muss über alle Maße und sowieso auch immer mehr als das alte, Befriedigend für den Konsumenten sein. Sodass es verglichen, diskutiert und geschlagzeilt werden kann um schließlich wie Junk food unbedacht hineingeschüttet zu werden, was weder gut für das Food, noch für den Menschen ist. Luk und Fil und akronyme weissen viele Probleme auf, die wir in die Pandora schütten. Die Frage ist nur wann der Mensch sich das auch eingesteht und dann noch einmal unendlich länger bis er dann damit aufhört oder eine weniger schlimmere Alternative findet.

Denn der Nerv der Masse ist geprägt von Eigensinn, eines inneren Kindes, dass immer mehr will als es bekommt, es häufig sogar wegschleudert um unbewusst und mechanisch die Befriedigung der eigenen Triebe folgend weiterhin konsumieren zu können, so Fil "mit Druck auf die Tränendrüse den Finger zum Kaufknopf gelenkt", der Konsumwahn die wahren Bedürfnisse verdeckt und sich in seinem Eigensinn, in dem Schneckenhaus der rücksichtlosen Befriedigung verirrt, Fil "gönnerhaft 5€, statt an Amazonas an Amazon gesendet". So sehr uns Luk mit seinen ausgefallenen Reimen, über die Oberflächlichkeit in der wir leben einnimmt, geht er gelichzeitig weit über die Grenze des natürlichen, also dem bekannten Konsens hinaus, so sehr packt es einen an Stellen die weh tuhen, das man nur staunen kann was alles über das Medium Musik möglich ist, die uns Philosophie soviel anschaulicher, soviel besser macht und das Konzept der beiden Künstler offenbart, denn das ist eine neue Philosophische art der Dichtung "philo sur la music".

Entmythisieren:
Die Fragen aller Fragen also lautet, wie umgehen mit diesem ganzen Appellierten Aphorismen. Irgendwo hin muss diese Energie fließen und das tuht sie auch, wenn auch nicht in die gleiche Richtung. Beginnen wir mit Fil und Akronyme, der beharrlich die Beats leiern lässt, immer wieder rezitiert und erinnert "ich brauch, nur nen Loop wie in ner Drehtür und raps aus dem Bauch". Mit der Kreativität, der Kunst, dem Musikmachen vollauf befriedigt sein ist die Message (glaube ich). Nepumuk, "ist ein Vorschlag", es gibt nicht nur denen einen sondern jeder kann ein "Nepumuk" sein, es braucht nicht den Namen um Glüccklich zu sein, mann muss weder Mann noch Frau sondern einfach ein "Dopes Wesen" sein.

Luk und Akronyme, stattdessen und da staunte ich nicht schlecht, eröffnete im Verlauf seiner Alben nur langsam einen Teil seines Kanalysators. "Ich musste erst lernen wie man es zeigt, doch ich hasste von Geburt an". So lautet die Message und das zieht sich bis in alle Ecken des Lyrikers "den Drachen auf dem Löffel jagen wie in einer Fabel", doch mit der Zeit kommen auch noch weitere Anschauungspunkte zum Vorschein, "du trägst deinen Stolz am Reveirkragen, ich verkaufe mein' an Wohlhabende Herrschaften". Man möge sich nun fragen, wie das wohl gemeint sein könnte, auf welche Art verkauft er denn seinen Stolz? "Ich wusste das ich ein fetisch bin bevor mir meine Haut bekannt war, man muss sich das nur zutrauen", nun wird es schon etwas ersichtlicher, schon etwas selbstherrlicher, es gipfelt sich etwas an und zwar in folgender Line, "mich bezahlen reiche Wichser dafür das ich ihre jungen Frauen baller, und sie mir dabei zuschauen", noch nicht am höchsten Gipfel doch schon in nahem Ausblick dann schließlich die Line, "du findest den unmittelbarsten Negroman bei YouPorn".

Nun haben wir beide Rätsel gelöst, nicht minder stolz können wir nun also behaupten dass Luk&Fil und Akronyme, neben Rap auch noch einen Nebenjob haben. Und zwar das Superheldentum. Betrachten wir das ganze nun also nicht aus der Konsumenten Sicht, sondern aus der eines Künstlers, lässt sich folgendes psotulieren. Der westliche Koetus, domestizierte einst eine ganze Bevölkerung, worauf sich der Wohlstand der europäischen Sicherheitspolitik stemmt (und das auch heute). Nun induzierte er sich selbst ein Kompensationsmittel für sein Mitleid, mit einer Form der Pornographie, die man im Fachjagong Cuckolding nennt. Da das einer vernünftigen weißen Glanzfamilie abgeht, spiegelt sich darin ein Teil dieser Umgangsform Luks und Akronyme wieder, man könnte sagen es sind nicht Blümchen sondern eher "Schwefeltümpel im Garden Eden" die hier zum Vorschein kommen. Unmissverständlich eröffnen sich auch immer wieder lines über Drogenkonsum, wovon ich mich jedoch weitesgehend distanziere, aufgrund dessen dass ich dieser Art der Energiekanalisation nichts abgewinnen kann, es macht den Menschen unnahbar und das ist was mir daran nicht gefällt "Negroman, Negroman, der zweite Vertreter der Menscheit", klingt zwar gut, aber mit Kunst entschuldbar.

Übrigens:
"Ich winke mit dem Taschentuch viel Glück und guten Caviar beim Natursektfrühstück", was sich erst ein bisschen nach gesunden "Snobismus" anhört, ist eigentlich eine Referenz die man ohne den Sexualjargong zu kennen, auch nicht versteht. Doppemoral und Zweideut sind fast alle Lines, es gibt kaum absolute Aussagen. Mit Caviar ist nähmlich auch "der sexuelle Lustgewinn durch menschlichen Kot" und mit Natursekt die "sexuelle Vorliebe für Urin" gemeint.  Das sind nur einer der vielen Lücken, über die man stolpert sei deshalb nicht beunruhigt.
Retrogott?:
Anderer Ansatz selber Witz, derselbe fortschrittliche Gedanke, Retrogott "wenn ich gehe ist das Evolutionärer Fortschritt". Mehr Sinn für Humor kann man nicht haben, in vielerlei hinsicht retrogott, beruhigend wie frisches Quell Wasser. Jede Zeile enthält einen schmackhaften Guss an Künstlermoral. Kein Prediger sondern vielschichtiger, ungezwungener Redner, an einem weit entlegenen Winkel unseres eigenen Bewusstseins auf der unsichtbaren Bühne "besiedel ich als Eremit verlassene Tanzflächen, jeenseits von Action, Kamera und Komik (...)". Wie eine Wundsalbe für die Ohren aber auch jede Ritze unseres Denkapperats, um die alten Unkonventionellen Bahnen etwas zu öhlen, uns viel Stoff zum denken und handeln geben. Ach Retrogott, du währst mit meiner Kritik nicht einverstanden, ich setze hier also erst einmal den Schlusspunkt, bis ich selbst weiter zu meinem eigenen Kern gedrungen bin.

Fazit:
Es geht um gemachte Panik, apathische Ignoranz, verwaschene Gehirne und verlorene Farbe, es geht um schwarze Milch, Sinnverpuppung, Existenzängste und Keuchheichtsgürtel. Ein innerlich ungesunder Geist in einem äußerlich gesundem Körper. Während die Texte sich mit der Zeit in Inhalt und Form verwandeln, verwandeln sich auch die Künstler, erfinden sich selbst neu, was das releasen von der schieren Menge an Akronymen verdeutlicht. Erhalten bleibt uns durch das großartige Internet die schrecken unserer eigenen Vergangenheit, sodass wir reichlich Zeit haben die Kraft und Seeligkeit zu erkennen, Amen. Wie ein Kommentar auf Soundcloud zu dem Song "Luk&Fil - Bitte" schon sagte "fuck, die sind geil mit allem". Bis dahin, das war's.

Sources

Wikipedia - Liste von Abkürzungen in der Sexarbeit
Aufrufe: 300 | Zuletzt geändert: 27.09.24